Gründer mit 18

Metallbau-Azubi, Handwerksmeister mit 18 und kaum zehn Jahre später Industrieunternehmer: Peter Götzl ist ein besonderes Beispiel dafür, was man als Metallbauer mit Ehrgeiz, Beharrlichkeit und unternehmerischem Instinkt erreichen kann. Umso beeindruckender, wie bodenständig und Mitarbeiter-orientiert der 33-Jährige heute geblieben ist.

Die ersten Werkstücke aus Metall fertigte Peter Götzl in der Werkstatt seines Großvaters, eines Maschinenbaumeisters, der ihm noch zu Schulzeiten den einen oder anderen Kniff beibrachte. Und so stellte sich für den handwerklich begeisterten Peter nach der Mittelschulzeit eigentlich nur eine Frage: Bäcker oder Schlosser?

Steckbrief

  • Peter Götzl
  • Metallbaumeister und Unternehmer
  • Metallbau Götzl
  • www.metallbau-goetzl.de

Über einen Kontakt in der Verwandtschaft kam er an ein Praktikum bei der Bauschlosserei Wittmann in Erbendorf und blieb im Betrieb hängen. „Die Lehre in dieser Sechs-Mann-Schlosserei war super“, erzählt er begeistert. „Ich durfte von Anfang an überall dabei sein und alles machen: Aufmaß nehmen, Zeichnungen anfertigen, produzieren und im Anschluss das fertige Produkt montieren. Mir ist alles gezeigt worden.“ Das bedeutet zwar manches Mal, ins kalte Wasser geschmissen zu werden, doch hat er dabei alles gelernt, was für seine spätere Betriebsgründung wichtig war.

Dass er das richtige Gespür bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsbetrieb bewiesen hatte, zeigte dann auch in der Berufsschule Effekte. „Mir ist klar geworden, dass man Formeln braucht, um arbeiten zu können.“ Die Folge dieser Erfahrung: Herausragende Berufsschulleistungen und die Möglichkeit, die Lehre auf drei Jahre zu verkürzen.

Mit 18 zum Meister

Welchen ungewöhnlichen Biss Peter als junger Geselle an den Tag legte, zeigte seine Meisterschulzeit. Nach nur einem Monat als angestellter Geselle wechselte er direkt auf die Meisterschule nach Regensburg und hielt mit 18 Jahren seinen Meisterbrief in der Hand. Doch das war für ihn nicht das Ende der Fahnenstange und zeigt eindrucksvoll, dass im Handwerk heute alle Türen offenstehen, wenn man sie nutzen möchte. Denn er beschloss, seinen eigenen Betrieb zu gründen. Mit 18.

Für Peter spielten zwei Aspekte eine Rolle, sagt er ganz offen: „Ich nehme die Dinge selbst in die Hand und liebe es, der zu sein, der die Pläne entwickelt.“ Dass ihm der Übergang in die Selbstständigkeit dann nahezu spielerisch gelang, lag an seinem sozialen Umfeld. Bei einem Bekannten, der eine Fräserei betreibt, konnte er als Untermieter loslegen. Mehr als ein Jahr lang arbeitete er als Ein-Mannbetrieb ohne große Investitionen. Lediglich Handwerkzeuge und eine hochwertige Bandsäge mit Längenanschlag schaffte er an, um die Fixkosten gering zu halten. Als Ich-AG‘ler profitierte er zudem von staatlichen Zuschüssen.

In drei Schichten werden die Laserautomaten beschickt. Pro Tag wird so mehr als eine LKW-Lieferung an Stahl verarbeitet.

Im Gespräch bleiben

Alles startete mit einem Geländer-Auftrag des örtlichen Feuerwehrkommandanten. Handwerklich sauber umgesetzt, erwies sich dies als ausreichend, dass Peter über reine Mundpropaganda von einem Auftrag zum nächsten kam. Während er mit einem Projekt beschäftigt war, sicherte er sich schon das nächste – hauptsächlich kleinere Geländer oder Gartenzäune.

„Jedes Angebot habe ich persönlich vorbeigebracht. Ich habe viel Zeit ins Angebot investiert und wollte es nie einfach nur wegschicken, sondern den persönlichen Kontakt suchen. Dabei habe ich immer versucht, mit der 99-Stunden-Regel zu arbeiten. Vom Erstkontakt darf es maximal 99 Stunden dauern, bis der Kunde einen Vor-Ort-Termin von mir kriegt. Nach weiteren 99 Stunden muss der Kunde das Angebot auf dem Tisch liegen haben. Das ist eine Erfolgsformel, bei der der Kunde merkt, dass man sich wirklich um ihn bemüht. Und dann will ich als Unternehmer den Auftrag auch mit heimnehmen und muss das entsprechend einfordern. Nicht betteln, aber entschieden sein.“

Hatte er keine Angst vorm Scheitern? „Daran habe ich nie gedacht“, erzählt er lachend. „Allerdings habe ich immer extrem auf meine Kosten geachtet. Das heißt: Wenn ich als Meister irgendwo hätte anfangen müssen, hätte ich auch als Angestellter alle Kosten problemlos tragen können. Dadurch habe ich nie den Risiko-Gedanken gehabt, was sein könnte, wenn dieses oder jenes passiert.“

Die Laserhalle: Links das Rohmaterial, rechts die fertig verpackten Profukte.

16-Stunden-Tage

Peter kam schnell an den Punkt, dass ihm für größere Aufträge die nötige Manpower fehlte. Die Lösung: der erste Mitarbeiter. „Das war für mich ein wirklich unglaublich tolles Gefühl, dass ich einen eigenen Mitarbeiter habe und dass ich ihn mir leisten und einstellen kann.“ Dadurch wurden die Aufträge größer, und auch die Bürotätigkeit nahm mehr Zeit in Anspruch. Es begann die Phase der 16-Stunden-Tage.

„Ich hab immer von 7 bis 16 Uhr in der Werkstatt gearbeitet und anschließend bis in die Nacht die Bürotätigkeiten erledigt. Aufmaß gemacht, Pläne erstellt und Angebote ausgearbeitet.“ Und das keineswegs nur fünf Tage die Woche, sondern sechs, und selbst am Sonntag musste Peter ran. „Sonntagvormittag habe ich alles abgerechnet, was ich in der Woche vorher geschafft habe.“ Ein strategisch wichtiger Schachzug, um finanzielle Probleme zu vermeiden. Schließlich geraten viele Handwerker in die Liquiditätsfalle (dass sie kein verfügbares Geld mehr haben), weil sie keine Zeit finden, ihre Rechnungen zu schreiben.

Seit 2011 erfolgt die Fertigung in der neugebauten Halle im Gewerbegebiet von Erbendorf.

Dicke Bretter bohren

Nachdem der erste Mitarbeiter eingestellt war, wuchs die Firma wieder sehr rasant und Peter überlegte, einen zweiten Mitarbeiter zu beschäftigen. Allerdings war schnell klar, dass dies mit der Untermiete nicht vereinbar war. Der Bau einer eigenen Halle stand an. Für die Investitionssumme von knapp 500.000 Euro benötigte Peter jedoch einen Bankkredit.

„Die ersten Gespräche mit den Banken waren deprimierend. Meine Hausbank, die mich seit fünf Jahren begleitet hatte, stufte mich im schlechtesten Rating ein. Da bin ich den Tränen nah gewesen, weil man das Gefühl bekommt, dass der Bankberater einem das nicht zutraut“, bestätigt Peter nachdenklich.

Und auch sein junges Alter von damals 23 Jahren machte es schwierig, von den Banken ernst genommen zu werden. Doch Peter gab nicht so einfach auf. Er führte viele Gespräche mit mehreren Banken und schaffte es schließlich, ein besseres Rating auszuhandeln. Das Resultat war für den kleinen Betrieb ein beeindruckender Meilenstein: 280 Quadratmeter Fertigungsfläche und 120 Quadratmeter Büroräume. So stand weiterem Wachstum bald nichts mehr im Wege, in kurzer Zeit vergrößerte sich die Firma weiter.

Mit seinen Rohrlaser-Produkten beliefert Peter Industrieunternehmen in ganz Deutschland.

Als Team handeln

„Natürlich kenne ich jeden Mitarbeiter noch beim Namen. Wir machen gemeinsam Mittag und grillen zusammen“, macht Peter deutlich, als ich ihn nach der Teamkultur befrage. Seitdem die Firma von fünf auf mittlerweile 24 Mitarbeiter angewachsen ist, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich ganz der Geschäftsführung zu widmen.

„Ich muss ganz ehrlich sagen: Der Umstieg aus der Werkstatt rein ins Büro war für mich eine mittlere Katastrophe. Werkstattarbeit und Montage sind ja genau der Grund, weshalb man den Beruf erlernt hat. Der Kundenkontakt, die Individualität jedes Projektes, das hat alles seinen Reiz. Einmal bist du in der Fußgängerzone und montierst einen französischen Balkon, das nächste Mal am Fischweiher und machst einen neuen Steg. Und allein die verschiedenen Metzgereien, in denen man Brotzeit macht…“

Relativ schnell bedeutete das Firmenwachstum für Peter jedoch, diesen Arbeitsalltag aufzugeben und täglich im Büro zu sitzen. Ein klassisches Industrieunternehmen wollte er dennoch nicht schaffen. „Die Firmen-Familie und der Zusammenhalt sind mir ungeheuer wichtig. Nur dann kann man etwas Außergewöhnliches schaffen. Mich macht es stolz, wenn ich meine Mitarbeiter abends beim Einkaufen noch mit dem Firmen-T-Shirt treffe. Das zeigt, dass sie sich mit dem Unternehmen identifizieren.“

Unternehmerisch Denken

Welchen unternehmerischen Instinkt Peter seit der Unternehmensgründung bewiesen hat, zeigen die großen Weichenstellungen von Metallbau Götzl. „Unternehmer möchte jeder gerne sein, aber man muss erst Unternehmer werden. Das zeigt einem niemand“, sagt Peter. Bei aller Bescheidenheit hat er jedoch den Kern verstanden: kontinuierlich an sich und am Unternehmen zu arbeiten. Als ihm bewusst wurde, welche Potenziale die Lasertechnologie bietet, schaffte er 2014 eine Rohrlaser-Anlage an. Dies erforderte einen weiteren Erweiterungsbau und eine deutliche Personalaufstockung, um in Schichten arbeiten zu können.

„Von Anfang an war klar, dass wir in die Lohnfertigung müssen. Das war am Anfang schwierig, weil niemand einen Rohr-Laser kannte. Ich habe wieder Akquise wie früher betrieben und musste Kunden von einer Technologie überzeugen, von der sie noch nicht wussten, dass sie sie brauchen“, erzählt Peter. Doch auch diese Aufgabe meisterte er mit Bravour und mittlerweile ist das Unternehmen deutschlandweit tätig.

Dabei hat sich die Arbeit in der Firma völlig gewandelt. Als klassische Schlosserei gestartet, hat das Unternehmen heute nur noch zwei Prozent klassische Metallbautätigkeit und 98 Prozent Rohrlaser-Aufträge für Industriekunden in den Bereichen Automotive und Energiesystemen bis hin zu Teilen für den ICE.

Eine echte Erfolgsstory, die vor allem darauf basiert, dass Peter stets am Boden geblieben ist. „Ein Coach von mir hat immer gesagt: Man soll am System arbeiten und nicht im System. Über den Satz habe ich lange Zeit gelacht. Doch mittlerweile habe ich das umgesetzt. Durch meine Organisationsstruktur kann ich morgen ausfallen, und der Betrieb läuft einfach weiter. Meine Firma funktioniert auch ohne Chef.“

Tipps für junge Gründer

  1. Halte deine Fixkosten so niedrig wie möglich.
  2. Gebe dem Kunden ein besonderes Service-Erlebnis. Denke an die 99-Stunden-Regel.
  3. Sei so aktiv, dass du den Auftrag bekommst.
  4. Liefere immer die bestmögliche Qualität.
  5. Rechne jedes Projekt umgehend ab.
  6. Beachte: Deine Mitarbeiter sind der wertvollste Teil deines Unternehmens.

Bilder: MEINMetall; Metallbau Götzl